Die Geschichte der interaktiven Panoramafotografie als Computeranwendung beginnt 1994 mit der Einführung der QuickTime-VR-Technologie (QTVR) von Apple. Es handelte sich um eine Erweiterung des QuickTime Players, der wiederum eine Vielzahl von multimedialen Dateiformaten wiedergeben konnte. QTVR wurde innerhalb des QuickTime Players und Browser-Plug-Ins ebenso für Windows-Betriebssysteme angeboten. Die heutige Bedeutung als Panorama-Player ist jedoch nur noch historischer Art.
Die meisten QuickTime VR »Movies« waren 360°-Panoramen und wurden aus einzeln fotografierten, hochformatigen und sich überlappenden Bildern hergestellt. Nach einer Kameradrehung auf einem Stativ wurde jeweils ein anderer Blickwinkel angezeigt.
Diese prinzipielle Aufnahmetechnik gilt auch heute noch für die sogenannten »segmentellen« Panoramen, die am Rechner zusammengesetzt werden (sog. »Stitching«). Mit QTVR sollte die Panoramaerstellung für die breite Masse günstig zu produzieren sein. Man wollte auf die hochspezialisierten, teuren Panoramakameras verzichten und das historische 360°-Massenmedium „begehbare Rotunde“ auf elektronischem Wege wiederbeleben.
Es gab innerhalb der QTVR-Architektur auch »Object Movies«, die zur interaktiven Darstellung von Produkten eingesetzt wurde. Das darzustellende Produkt wurde dazu auf einen Drehteller positioniert und schrittweise in gleichen Abständen gedreht (z.B. 36 Schritte à 10°) und mit derselben Kameraposition aufgenommen. Der so entstandene lineare QuickTime-Film wurde anschließend mit einer QuickTime-Software (QTVREdit) um interaktive Bedienelemente ergänzt und konnte so im Web oder auf Datenträgern publiziert werden.
Zunächst unterstützte QTVR nur zylindrische Panoramen mit einem beschränkten vertikalen Bildwinkel. Apples QTVR Authoring Studio (QTVRAS) von 1997 war als kommerzielle Software-Suite mit einer grafischen Benutzeroberfläche (»Graphical User Interface – GUI«) eines der ersten leicht bedienbaren Stitch- und VR-Tour-Programme. Auch sogenannte »Multinode-Panoramen«, bei denen mehrere Panoramen innerhalb einer Datei zu einem virtuellen Rundgang verbunden werden, waren von Anfang an möglich. Bevor die Authoring Suite veröffentlicht wurde, plagte sich der GUI-verwöhnte Mac-User allerdings mit der MPW-Shell herum, einem Apple-Befehlszeilenprogramm, das kryptische Stitch-Befehle in langen Zeilen verlangte – trotz allem, die Mühe lohnte sich.
Bereits 1996 konnten wir einen virtuellen Rundgang durch den Kölner Dom produzieren und zehn 360°-Standpunkte mit Apples Stitch-Programm verknüpfen. Die Aufnahmen entstanden noch analog auf einem 400-ASA-Color-Negativfilm mit vergleichsweise hohem Belichtungsspielraum. Die Negative wurden anschließend mit einem Agfa-DuoScan eingelesen. Wir waren von den Ergebnissen des virtuellen Dom-Rundgangs begeistert, eine kommerzielle Anwendung blieb indes aus – das Medium war noch zu unbekannt.
Sogenannte »kubische« Panoramen wurden dann im Jahr 2000 mit der QuickTime-Version 5 möglich. Damit hatte man endlich auch vertikal einen Rundumblick nach oben bzw. unten. Die Betrachter am Bildschirm standen wie inmitten einer Kugel. Allmählich breiteten sich mit schnelleren Internetverbindungen und besseren Rechnern auch vollformatige und Sound-unterstützte QTVR-Panoramen im Web aus, so dass das immersive Erlebnis und damit das VR-Kürzel endlich an Bedeutung gewann. Der immersive Sehspaß konnte langsam beginnen.